Die Legende Minamoto No Yoshitsune (7)
...
Nachdem sich Yoshitsune als Befehlshaber bewiesen und bewährt hatte, brannte er förmlich darauf, jenen Erfolg mit einem Angriff auf den wahren Feind zu krönen. Eben diese Gelegenheit erhielt er schon einen Monat später, als er die Taira bei Ichinotani an der Küste der Inlandsee vernichtend schlug. Ein Überraschungsangriff entschied hier den Ausgang der Schlacht (Vgl. „Sun Tsu – Die Kunst des Krieges“).
Yoshitsune führte eine kleine Kavallerieeinheit einen steilen Bergpfad hinauf (der angeblich so schroff gewesen sein soll, daß sich nicht einmal die Affen hinunter wagten), griff dann das feindliche Lager von hinten an und zwang die nun völlig demoralisierte Armee der Taira zur Flucht auf die Insel Shikoku. Solch ein Manöver war typisch für Yoshitsunes Kriegsführung, welche sich durch folgende Eigenschaften auswies : Kühnheit, Schnelligkeit und die nahezu unheimliche Gabe, die Reaktionen des Gegners vorauszuberechnen. Teil all dieser Taktiken war seine Bereitschaft, sehr bedeutende Risiken einzugehen und sich, ohne zu zögern, über andere – zumeist höhere – Befehlshaber hinwegzusetzen, welche oft eine andere, bedächtigere Vorgehensweise bevorzugten. Doch die Erfolge, die seine Manöver stets bewiesen, waren dazu angetan, einige seiner vorsichtigeren Kollegen zu verärgern und ihre Eifersucht anzustacheln. Eben nun darin lag zweifelsohne der Grund für die Beschwerden, die nun bei Yoritomo, der sein Hauptquartier indessen im Osten eingerichtet hatte, über seinen unlenksamen Bruder eingingen.
Durch den Sieg bei Ichinotani beschwingt, hatte es Yoshitsune geschafft, den Kampf fortzuführen, ehe die Taira Zeit gewonnen hatten, sich zu erholen. Dennoch war Yoritomos Mißtrauen bereits erwacht. Trotz der überragenden Rolle Yoshitsunes beim ersten großen Triumph über die Taira kam die größte Ehre Noriyori zu, einem unbegabten, aber streng gehorsamen Halbbruder, der alsbald zum befehlshabenden General der westlichen Armee befördert wurde. Yoshitsune ware gezwungen, in der Hauptstadt zu bleiben und ein ganzes Jahr auf seine nächste Gelegenheit zum Angriff auf die Taira warten.
Und auch hier verließ er sich wieder auf seine Überrumpelungstaktik : trotz eines gewaltigen Taifuns überquerte er die Inlandsee mit einer kleinen Armee und schlug in einem brillianten und blitzschnellen Manöver die stark überlegenen Tairatruppen, welche sich in Yashima auf der Insel Shikoku verschanzt hatten. Circa einen Monat später, am 25. April 1185, versetzte er den Taira abermals – und es war wohl der letzte – einen heftigen Schlag in der großen Seeschlacht zu Dannoura bei der Meerenge, welche Kyúshú von der Hauptinsel trennt. Dieser berühmte Sieg machte Yoshitsune im Alter von sechsundzwanzig Jahren zum ersten militärischen Befehlshaber in Japan. Er beeindruckte dadurch um so mehr, als daß seine Armee, die aus dem Osten kam und keinesfalls an Seegefechte gewöhnt war, in einem Gebiet kämpfte, wo die Taira mit besonders starker Unterstützung rechnen konnten.
Zu Beginn der Schlacht stand es tatsächlich schlecht für die Minamoto, aber der plötzliche Wechsel der Gezeiten am Nachmittag brachte den Taira das Verderben. (Vgl. auch hier: „Sun Tzu – Die Kunst des Krieges“ und all den Dingen, die man hier vor einer Schlacht in Betracht ziehen sollte...) Bald war die See (so die Annalen) von ihrem Blut gefärbt, und ihre roten Banner trieben auf dem Wasser wie die Ahornblätter im Herbst. Unter den zahllosen Opfern des Kampfes befand sich auch Taira no Kiyomoris Witwe, die mit dem kleinen Kaiser Antoku in den Armen in die Wellen sprang.
Die Siegeserklärung, die Yoshitsune an den Hof in Kyóto sandte, zeugte von eindrucksvoller Gelassenheit : „ Am 24. Tag des 3. Monats zur Stunde des Hasen wurden zu Dannoura in der Provinz Nagato ... die Taira ausgelöscht. Der heilige Spiegel und das heilige Siegel werden sicher in die Hauptstadt zurückgebracht!“ (Das heilige Schwert „Kusanagi“ war offenbar im Meer versunken und wurde niemals wiedergefunden.)
Die Niederlage bei Dannoura bereitete der Alleinherrschaft der Taira ein schnelles Ende. Sechsundzwanzig Jahre lang waren sie die Nachfolger der Fujiwara als herrschende Macht in der Hauptstadt gewesen. Die militärische Stärke hatte ihnen die uneingeschränkte Macht über ausgedehnte Gebiete des Landes ermöglicht, und durch ihre Güter und den Seehandel waren ihnen unermeßliche Reichtümer zugefallen. Kiyomoris selbstherrliche Methoden und seine Unerbitterlichkeit hatten ihn bald zunehmend verhaßter gemacht, und dies nicht nur bei Hofe, wo man ihn auch bald als tyrannischen Emporkömmling bezeichnete, sondern auch bei den buddhistischen Tempeln und, was noch viel schlimmer war, bei wichtigen Teilen der Kriegerklasse in den Provinzen (Samurai).
Obgleich die Taira in den Jahren ihres Aufstieges bei vielen Unwillen erregten, erlangten sie dank ihrer spektakulären Niederlage eine Art rückwirkende Beliebtheit. Das traditionelle Mitgefühl für den Verlierer – das Wesen des „hóganbiiki“, was den meisten westlichen Ländern scheinbar unbekannt ist – erweckte nun wieder Sympathien für eine Familie, welche den dramatischsten Aufstieg und Fall in der ganzen japanischen Geschichte durchlebte. Er verband sich mit buddhistischen Vorstellungen von Schicksal und Karma zu dem berühmten japanischen Sprichwort „Ogoru Heike wa hisashikarazu“ („Die stolzen Taira währten nicht ewig“).
*********************************************************************************
Die Legende Minamoto No Yoshitsune (8)
...
Der rasche und vernichtende Sturz der Taira war Maßstab für den Erfolg von Yoshitsune. Wenn auch der Sieg der Minamoto das Resultat von Yoritomos Staatskunst und sorgfältiger Planung war, so hätte dieser Krieg sicher noch viele Jahre, nachdem die Taira sich in ihrem Stützpunkt aus der Insel Shikoku verbarrikadiert hatten, angedauert, hätte nicht Yoshitsunes napoleonische Tatkraft und Phantasie den unentschiedenen Konflikt in nur fünf Wochen beendet.
Der junge, siegreiche Held kehrte alsbald nach Kyóto zurück, in das Zentrum der allgemeinen Bewunderung und Verehrung .... Er erlangte ein Ausmaß an Beliebtheit und ein Ansehen bei Hof, wie es in Jahrhunderten kein Angehöriger der Kriegerklasse genossen hatte. Doch genau an dieser Stelle – der Stelle höchsten Triumphes – war der Wendepunkt in Yoshitsunes Karriere erreicht. Von nun an ging es plötzlich bergab, und der Schlüssel zu diesem erstaunlichen Umschwung liegt – wie sollte es auch anders sein – bei Minamoto no Yoritomo, dessen Persönlichkeit und eigene Langzeitplanung einen Zusammenstoß mit Yoshitsune unvermeidlich machten und dessen politische Klugheit ihm die Oberhand in einer solchen Auseinandersetzung garantierte. Die Entfremdung zwischen Yoritomo und Yoshitsune ist typisch für die Differenzen, die die Minamoto spalteten und dazu zwangen, beinahe ebenso viel Zeit für den Kampf untereinander wie für den gegen gemeinsame Feinde aufzuwenden. Zum Anfang war die Feindschaft zwischen den beiden Männern nur eher einseitig, und erst nach einer extremen Herausforderung, die in einem Mordversuch gipfelte, sah Yoshitsune, daß sein Bruder auch sein Todfeind war. Der Legende nach war er einer der Hauptgründe für Yoritomos Zorn die Eifersucht auf Yoshitsunes spektakuläre militärische Großtaten und die Verehrung, die ihm daher zuteil wurde. Besonders aber soll ihn Yoshitsunes Überzeugung erbost haben, daß der entscheidende Sieg bei Dannoura eher seiner eigenen Tapferkeit zuzuschreiben war, als der Gunst der Götter und den gemeinsamen Anstrengungen der Minamoto-Krieger. Dies mag zwar teilweise richtig sein, doch wir müssen uns an dieser Stelle vor den Quellen hüten, die Yoritomo absichtlich in den Schatten stellen. Wie schon erwähnt, trug sein Charakter den Makel der Grausamkeit, die sich besonders grimmig gegen die Mitglieder seiner eigenen Familie richtete. Gewiß, es gelang Yoritomo im Laufe der Jahre, fast alle seine näheren Verwandten auszulöschen, die eine echte Begabung oder ein schöpferisches Talent zeigten; ob dies nun aber auch aus Grausamkeit oder kalter politischer Berechnung geschah, bleibt im dunkeln, da keine nennenswerten Dokumente existieren und die vorhandenen Werke tendenziös sind.
Abgesehen von einer eventuellen psychologischen Zwanghaftigkeit läßt sich Yoritomos Haß auf seinen Bruder leicht als Nebenprodukt seiner politischen Pläne erklären. Er hatte ein neues System im Auge, in dem unter der Regierung eines von den Minamoto angeführten Schwertadels Recht und Ordnung herrschen sollten und er selbst der uneingeschränkte Machthaber sein würde – alle anderen Klansleute, darunter auch seine engsten Verwandten, würden ihm als Vasallen dienen.
Die Absicht, eine neue herrschende Schicht zu etablieren und seinen streitsüchtigen Untergebenen Disziplin und Zusammenhalt aufzuerlegen, war ein Grund dafür, daß er sein Hauptquartier im Osten, von Kyóto durch mehrere hundert Kilometer Gebirge getrennt, in Kamakura aufschlug. In der rauhen Atmosphäre, die in direktem Gegensatz zur Leichtigkeit und Eleganz der Hauptstadt stand, gelang es ihm, eine völlig neue, hauptsächlich auf die Bedürfnisse der Samurai zugeschnittene Verwaltungsform durchzusetzen. Es war sein fester Grundsatz, daß alle Vasallen aussschließlich Kamakura Gehorsam schuldeten und keinerlei Aufregungen und Anordnungen des Kaiserhofes oder irgendeiner anderen Autorität im Reich bekommen würden.
*********************************************************************************
Die Legende Minamoto No Yoshitsune (9)
...
Yoritomo ging ruhig und planvoll vor (Zitat Konfuzius : „In der Ruhe liegt alle Kraft!“). Um die Taira zu stürzen, ernannte er verschiedene Angehörige seines Klans zu Befehlshabern, während er selbst in Kamakura blieb, die Stellung Osten hielt und die neue Militärregierung aufbaute. Gebärdete sich ein General, wie Yoshinaka, widerspenstig und gefährdete den Erfolg seiner großangelegten Politikstrategie, zögerte Yoritomo nicht, ihn ohne Rücksicht auf Blutsbande auszulöschen, und war darüber hinaus auch bereit, andere Familienmitglieder zu diesem Zweck zu mißbrauchen. Seine größte Befürchtung war nicht, daß seine Minamoto-Klansmänner von ihm abfallen könnten, sondern daß zwei oder mehrere seiner aufsässigen Verwandten sich gegen ihn verschwören würden und, möglicherweise in geheimen Einverständnis mit dem Hof, die Herrschaft in Kamakura in Frage stellten. Die endgültige Niederlage der Taira sah Yoritomo als gegeben an. Seit Anfang des Bürgerkrieges plante Yoritomo über den Tag hinaus, an dem einst sein Klan die allerletzte Schlacht gewinnen würde, und konzentrierte sich auf die Errichtung eines stabilen Systems unter der endgültigen Herrschaft der Minamoto in Kamakura.
Um sich der Loyalität seiner Untergebenen und Vasallen sicher zu sein, verfügte Yoritomo, daß Angehörige des Militäradels Gunstbezeugungen aus Kyóto in keinem Fall direkt annehmen durften. Er allein hatte das Recht, seine Gefolgsmänner für ihre Dienste zu belohnen, und wenn diese Belohnung in Form von höfischen Titeln vergeben wurden, konnten sie nur von ihm vorgeschlagen werden. (Diese Titel waren zwar inhaltslos, aber brachten dennoch ein ähnlich hohes Prestige mit sich, wie etwa im modernen England). Er war dies die offensichtliche Verletzung seiner Vorschrift durch seinen Bruder, die Yoritomos Zorn gegen ihn erstmals zum Ausbruch brachte. Als Lohn für seine Siege ernannte der Kaiser Yoshitsune zum Leutnant der kaiserlichen Polizei (ein vielbegehrter und einträglicher Posten), und, weit wichtiger noch, er gewährte ihm die Gunst, dem Kaiser in der Kammer der obersten Höflinge aufwarten zu dürfen.
Es ist klar, daß Yoritomo nicht sehr erbaut darüber war, daß diese seltene Ehre nicht ihm selbst zuteil geworden war, sondern seinem jüngeren Bruder, der außerdem noch von weit niederer Abkunft war. Das mag zwar sein, doch der Hauptgrund für Yoritomos Mißtrauen lag in Yoshitsunes Verletzung des Ehrenkodexes, der die Beziehungen zwischen Herr und Gefolgsmann regelte und von Yoritomo schon vorher durch eine Verfügung genau klargestellt wurde: Yoshitsune hatte eine Ehrung angenommen, die von Yoritomo weder vorgeschlagen noch genehmigt worden war. In Yoritomos Weltbild stand diese Beziehung über allen familiären oder freundschaftlichen Bindungen. Und da es sein oberstes Ziel war, seine Ansprüche in der neuen Friedenszeit nach der Niederlage sicherzustellen und zu festigen, konnte er niemals zulassen, daß ein einzelner oder eine Gruppe seinen Gesetzen zuwiderhandelte. Jedenfalls schien Yoshitsune eine potentielle Bedrohung für seine geplante, neue Ordnung darzustellen, einen Brennpunkt, um den sich abweichlerische, gegen Kamakura arbeitende Elemente vom Hof, aus den Tempeln und dem Militäradel scharen und erneut Uneinigkeit und Bürgerkriege initiieren konnten. Diese Befürchtungen und weniger der grausame, rachsüchtige Charakter des legendären Yoritomo sind es, die seine unversöhnliche Haltung gegenüber dem jungen Helden erklären.
Und wie sahen die Beziehungen zwischen den beiden außergewöhnlichen Brüdern aus? Der Legende nach begegneten sie sich zum ersten Mal 1180 bei Ausbruch der Aufstände gegen die Taira in Yoritomos Hauptquartier im Osten, und auch von späteren Begegnungen wurde berichtet. In Wirklichkeit aber ist es fraglich, ob sie sich überhaupt jemals gesehen haben. Jedenfalls teilte Yoritomo nie die allgemeine Begeisterung für seinen Bruder, den er zweifellos für einen unzuverlässigen Heißsporn hielt, der, durch seine Erziehung in der Hauptstadt und seine engen Beziehungen zu Hofkreisen verdorben, einen beklagenswerten Mangel an Gehorsam, Disziplin und den anderen wichtigen Tugenden eines Samurai aus dem Osten an den Tag legte. Für Yoritomo galt sein Bruder als eine Art personifizierter Anachronismus und, ungeachtet seiner militärischen Tüchtigkeit, unfähig, die fundamentalen Veränderungen im Land zu begreifen. Außerdem war Yoritomo niemals bereit, seinen Bruder als gesellschaftlich gleichrangig anzuerkennen. Eine der Chroniken berichtet von einer Begebenheit im Jahre 1181 während einer Zeremonie vor dem Hachiman-Schrein in Kamakura : Yoritomo wies seinen jüngeren Bruder an, die Zügel seines Pferdes zu halten. Als aber Yoshitsune diesen niederen Dienst verweigerte, befahl Yoritomo ihm barsch, zu tun, wie ihm geheißen sei.
Diese Geschichte zeigt eindeutig Yoritomos Einstellung: Yoshitsune war zwar sein Halbbruder, vor allem aber ein Vasall, und mußte dazu angehalten werden, sich auch wie einer zu benehmen.
*********************************************************************************
Die Legende Minamoto No Yoshitsune (10)
...
Die Schwierigkeiten zwischen den Brüdern,die aus den geschichtlichen Umständen und den ungleichen Persönlichkeiten erwuchsen, wurden indes noch durch zwei grundverschiedene Männer verschärft : Goshirakawa und Kajiwara no Kagetoki.
Im Jahr der endgültigen Niederlage der Taira war der regierende Kaiser fünf Jahre alt, und der dem Kaiserhaus verbliebene Einfluss wurde hauptsächlich von Goshirakawa ausgeübt, der nach seiner Regierungszeit drei Jahrzehnte zuvor seine Machtposition als Exkaiser (bzw. „Kaiser im Kloster“) ausgebaut hatte. Der stetige Aufstieg des dortigen Militäradels machte seine Stellung von Zeit zu Zeit immer schwieriger, aber Goshirakawa war ein tiefgründiger Mann mit einer grossen Neigung zu Intrigen und Verschwörungen, und obwohl die letzten Überreste der Macht dem Hof rasch entglitten, gelang es ihm, sich in einer Epoche stürmischer Veränderungen über Wasser zu halten. Da er keine eigene Streitmacht besass, war er gezwungen, in seinen Beziehungen zu den Militärs einen vorsichtigen Kurs einzuschlagen. Seine Taktik gegenüber den verschiedenen Befehlshabern,die um die Vorherrschaft kämpften, war schwankend und mitunter sogar unehrenhaft, doch der Hof hatte weder die Kraft noch den Wunsch, die Auseinandersetzung mit dem Schwertadel zu risikieren.
In seinem Umgang mit den siegreichen Minamoto machte sich der Exkaiser die Rivalitäten innerhalb ihres streitsüchtigen Klans zunutze und spielte Mitglieder gegeneinander aus, in der Hoffnung, am Ende auf der Seite des Siegers zu stehen oder sich wenigstens einigen Einfluss innerhalb der unausgewogenen Machtverhältnisse sichern zu können. Seine Entscheidung, Yoshitsune nach der Schlacht von Ichinotani und zum zweiten Mal nach dem endgültigen Sieg bei Dannoura ohne Umwege zu belohnen, war gewiss eine Konsequenz dieser Strategie. Goshirakawa war sich völlig darüber im Klaren, dass eine solche nie dagewesene Ehrung den Zorn Yoritomos erregen musste und die beiden Anführer der Minamoto somit weiterhin auf Kriegsfuss stehen würden.
Der Exkaiser scheint während Yoshitsunes Aufenthalt in der Haupstadt eine aufrichtige Zuneigung zu ihm entwickelt zu haben. Vielleicht war der junge, etwas naive General in seinen Augn auch eine geringere Bedrohung für den Hof Yoritomo, der in seinem neuen Hauptquartier Kamakura plante, die Machtstrukturen Japans zu verändern und den Hof in eine Position hoffnungsloser Ohnmacht abzudrängen. Das waren vermutlich Goshirakawas Überlegungen, als er sich Ende 1185 damit einverstanden erklärte, Yoshitsune zum obersten Verwalter aller Güter in Kyúshú zu ernennen und ihn mit der Aufgabe zu betrauen, seinen älteren Bruder als Feind des Hofes zu „züchtigen“. Egal, welche fragwürdigen Motive der Exkaiser damit auch hatte – seine Machenschaften nach dem Untergang der Taira waren gewiss einer der Hauptgründe für den Bruch zwischen den beiden Brüdern und spielten bei den Ereignissen, die zu Yoshitsunes Untergang führten, eine gewichtige Rolle.
Die Unterstützung des Exkaisers dauerte nur kurz an: kaum war Yoshitsune ein Flüchtling, widerrief Goshirakawa seinen ersten Befehl, und erklärte, dieser sei gegen seinen Willen ergangen, und beauftragte nun den älteren Bruder, den jüngeren zu „züchtigen“.
Neben den Freundschaftsbekundungen Goshirakawas schadeten Yoshitsune auch eine Reihe von Berichten und Gerüchten, die nach Kamakura gelangten. Einige dieser Verleumdungen scheinen von seinem missgünstigen Halbbruder Noriyori in die Welt gesetzt worden zu sein, aber ihre Hauptquelle war Kajiwara no Kagetoki, einer von Yoritomos engsten Gefolgsmännern, der die Zuneigung seines Herrn gewonnen hatte, als er ihn in einer frühen Schlacht gegen die Taira das Leben gerettet hatte.
Mit Sicherheit lässt sich nur sagen, dass Kajiwara einer jener tpyischen arbeitsamen, treuen und ein wenig verbissenen Krieger war, die das Rückgrat von Yoritomos Regime im Osten bildeten. In der Legende, besonders wie sie sich in späteren Jahrhunderten entwickelte, wird er jedoch als Erzschurke dargestellt und als ein Mann, dessen verzehrender Neid und Hass auf Yoshitsune ihn dazu bringt, seinen Herrn zu den grössten Ungerechtigkeiten anzustacheln.
*********************************************************************************
47 Ronin
Die Legende ist wahrscheinlich den meisten bekannt, dennoch habe ich im Forum nichts darüber entdeckt, deswegen eine kleine Zusammenfassung dieser bekannten Helden:
Die 47 Samurai stellen wohl am Deutlichsten wichtige und gerühmte Eigenschaften eines Samurai heraus:
Man sprach ihnen Mut, Opferbereitschaft, Loyalität und Besonnenheit zu.Sie repräsentieren damit die grundlegenden Werte des alten Japan. Jedoch haben diese auch heute noch Einfluss auf die Denkweise und das Verhalten der Japaner.
Die 47 Samurai rächten den Tod ihres Herrn, ein Daimyo namens Asano Naganori, der das Schwert gegen Kira Yoshinaka (Zeremoniemeister ->hoher Beamter des shoguns)
gezogen hatte.
Obwohl dieser nur leicht verletzt wurde, wurde Naganori zum Selbstmord (seppuku) gezwungen. Dies geschah im Jahre 1701
Die ronin schmiedeten unter der Führung von Oishi Kuranosuke Yoshio Pläne für den Vergeltungsschlag.
Gerade mal ein Jahr später überrannten sie die Residenz Kiras in Edo (heutiges Tokyo) und brachten dessen Kopf zum Grab ihres Herren.
Dabei war ihnen durchaus bewusst, dass der shogun dies nicht einfach hinnehmen würde und so mussten sie sich zwei Monate nach ihrer Tat wie ihr Herr durch seppuku töten.
So folgten sie ihrem Herrn mit Treue in den Tod.
Nun kann man die Überreste der 47 Samurai auch heute noch besuchen. Hinter dem Tempel Sengaku findet man die gut gepflegte Grabanlage, an der täglich viele Japaner Räucherstäbchen anzünden.
*********************************************************************************